Diese Seite verwendet Frames. Frames werden von Ihrem Browser aber nicht
unterstützt.
Diese
Seite ist ein nichtkommerzielles Forum für eine philosophische Reflexion
über Wein, das zu gegebener Zeit eröffnet werden soll.
Wein philosophisch zu bedenken, beinhaltet zunächst den Versuch den Begriff Wein zu entfalten und zu explizieren. Es geht also um die Fragen:
Was ist Wein?
und
Was ist das Wesen von Wein?
Von philosophischer Relevanz ist aber vor allem die Frage:
Was sind die Funktion und die Bedeutung von Wein für den einzelnen Menschen und für die menschliche Gemeinschaft?
Eine Frage, die sich unmittelbar daran anschließt ist:
Haben wir Wein nötig?
Ob eine rationale kritische Reflexion über Wein möglich ist, ist eine ebenso offene wie spannende Frage, die eng mit der Frage korrespondiert:
Was ist an Wein vernünftig?
Die folgenden beiden Texte zeigen, dass man auch in humoristischer Weise über Wein philosophieren kann. Die beiden
Texte sind zwei Grußworten entnommen, die zur Eröffnung der Tagung APHIN I 2014 - Prolegomena und der
Tagung APHIN II 2016 - Welt der Artefakte entnommen wurden. Die zweite Eröffnung gibt zunächst
eine kurze Zusammenfassung der weinphilosophischen Reflexion der ersten Eröffnung, um darauf aufbauend die
die Thematik zu vertiefen ohne dabei das Humorvolle zu verlassen.
Text I - Das Weinexperiment
Meine Damen und Herren, mir liegt es sehr am Herzen, nun noch einige wenige Aspekte zur
Mosel aus philosophischer Sichtsagen. Es gibt, das wissen Sie sicherlich, zumindest
zwei berühmte Philosophen von der Mosel: Zum einen Nikolaus von Kues, in dessen Haus wir
heute zu Gast sind, und zum anderen Karl Marx der etwa fünfzig Kilometer von hier in Trier,
der ältesten Stadt Deutschlands, geboren wurde. Als Philosophen waren beide im weitesten
Sinne auf der Suche nach der Wahrheit. Und wenn es um die Suche nach der Wahrheit geht,
ganz gleich welchen Wahrheitsbegriff man zugrunde legt, haben Philosophen von der Mosel
(nicht nur Cusanus und Marx) einen großen Vorteil. Sie kennen die Wahrheit zwar auch nicht,
aber sie wissen zumindest, seit der Zeit als die Römer an der Mosel waren, wo sie zu finden ist:
Nämlich im Wein. In vino veritas. Im Wein ist die Wahrheit. Bitte unterschätzen Sie das nicht.
Denn diese scheinbare Floskel hat in der Tat etwas Wahres. Ich möchte Ihnen das anhand eines
Beispiels demonstrieren, das ich Wahrheits- oder Weinexperiment nenne. Wenn Sie einem
Menschen, einer Person begegnen, die Sie nicht kennen und Sie möchten ihr Wesen ergründen,
dann gelingt dies am besten (es gibt auch andere Wege), wenn Sie mit ihm Wein trinken
und zwar mehr als nur ein Glas. Sie werden dann bald merken, dass ihr Gegenüber mit jedem
neuen Glas Wein zunehmend sein eigentliches Wesen, sein wahres Gesicht offenbart. Oder
philosophisch gesprochen: Der Schein fällt zusammen und das Sein tritt hervor. Sie
erkennen zunehmend, wer Ihnen in Wahrheit gegenübersitzt. Martin Heidegger würde sagen:
Das Weinexperiment ist eine Weise der Entbergung, welche die Wahrheit aus der Verborgenheit
in die Unverborgenheit bringt. Probieren Sie es mal!"
Text II - Platon und Popper
"Meine Damen und Herren, Sie werden sicherlich bereits gemerkt haben, wir befinden uns hier
in einer Weinregion, auch wenn die Trauben inzwischen alle geerntet und die vielen Urlauber
bereits wieder zu Hause sind. Ich möchte daher zum Schluss ein paar Worte zum Thema Wein
sagen und zwar aus philosophischer Sicht. In meinem Grußwort zur ersten Tagung hatte ich die
These aufgestellt, dass die Behauptung der Römer ,,In vino veritas” ,,Im Wein ist Wahrheit” ein
Urteil mit philosophischem Gehalt ist. Begründet hatte ich meine These mit einem Experiment,
also philosophisch völlig unüblich und logisch höchst bedenklich. Diese Experiment, das ich
Wahrheits- oder Weinexperiment nannte, verläuft etwa so: Wenn Sie einer Person begegnen,
die Sie nicht kennen und herausfinden möchten, welchen Charakter sie hat, was ihr Wesen ist,
dann gelingt dies überraschend gut, wenn Sie mit ihr Wein trinken und zwar mehr als nur ein
Glas. Denn mit jedem Glas Wein wird sie zunehmend ihr eigentliches Wesen, ihr wahres
Gesicht offenbaren.Oder philosophisch gesprochen: Der Schein fällt zusammen und das Sein
tritt hervor. Sie erkennen zunehmend, wer ihnen in Wahrheit gegenüber sitzt. Martin Heidegger
würde sagen: Das Weinexperiment ist eine Weise der Entbergung, welche die Wahrheit aus der
Verborgenheit in die Unverborgenheit bringt. Vor zwei Jahren gab es aus dem Podium eine
Stimme der Kritik, die dieses Experiment anzweifelte. Ich habe diese Kritik sehr ernst
genommen und daraufhin mein anonymes Forschungsprojekt Wein und Philosophie
intensiviert. Dabei bin ich - hoch erfreut - auf zwei sehr berühmte Philosophen gestoßen, die
beide meine These stützen, nämlich auf Popper und Platon. Diese Unterstützung findet sich in
einer Anmerkung im Band I von Poppers Werk Die Offene Gesellschaft und Ihre Feinde , was
so ganz nebenbei zeigt, dass es sich lohnt, auch die kleingedruckten Anmerkungen zu lesen. In
dieser Anmerkung geht Popper auf einen Aspekt des Erziehungsprogramms von Platon ein, der
dem Trinken von Wein gewidmet ist. Bemerkenswert dabei ist, dass Popper das politische
Programm Platons und damit das darin eingeschlossene Erziehungsprogramm fast ausnahmslos
scharf kritisiert, diesen einen Aspekt aber lobend hervorhebt.Es gibt, so schreibt Popper, in den
platonischen Gesetzen eine Stelle, die ,,zeigt, daß es ein wunderbares Instrument der Erziehung
oder vielmehr der Auswahl des vertrauenswürdigen Mannes gibt: [Nämlich] Den Wein, die
Trunkenheit, die seine Zunge löst und zeigt, wie er wirklich beschaffen ist. [Und nun zitiert
Popper Platon] *Was ist wohl passender als die Anwendung des Weines? Zuerst um den
Charakter eines Menschen zu prüfen, und zweitens, um ihn zu üben? Was ist wohl billiger und
weniger Einwänden ausgesetzt? * [Daraufhin wieder Popper] ,,Bis jetzt ist mir noch kein von
Platon begeisterter Erzieher begegnet, der diese Methode des Trinkens diskutiert hätte. Was
merkwürdig ist, denn die Methode ist noch immer weit verbreitet, besonders an den
Universitäten, obwohl sie vielleicht nicht mehr ganz so billig ist.” Soweit also Popper. Und was
schließen wir daraus? Erstens: Die Methode des Weintrinkens ist eine bewährte Methode den
Charakter einer Person – von Männer und Frauen - zu ergründen und damit wer oder was sie in
Wahrheit ist. Zweitens: Es fehlt, wie Popper richtig erkennt, die kritisch-philosophische
Reflexion dieser Methode des prüfenden Trinkens. Was liegt also näher, als innerhalb von
APHIN einen Arbeitskreis zu bilden, der diese Methode des charakterprüfenden Trinkens auf
Grundlage praktischer Übung theoretisch reflektiert. Packen wir es an!